



Fotos: Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum/Astrid Veerbeck-Jensen, Pictura Antique Prints/Peter Cornelissen
Von Kommandeuren und Kapitänen
Föhrer Seeleute waren gefragt, denn sie konnten mit einer exzellenten Ausbildung aufwarten. Sie besetzten die höchsten Positionen auf einem Schiff und fuhren für holländische oder dänische Reeder.
Insel der Kapitäne – so wird Föhr häufig genannt. Besucht man die Friedhöfe der drei Föhrer Kirchen, St. Laurentii, St. Johannis und St. Nicolai, so kann man Geschichten von mutigen Kapitänen und ihren großen Fahrten auf den sprechenden Grabsteinen lesen. Ob auf Walfang oder bei der Handelsschifffahrt, die Föhrer waren begabte und hervorragende Seeleute und fuhren für Reeder unterschiedlicher Länder zur See. Wie konnte es sein, dass eine so kleine Insel so viele erfolgreiche Kapitäne und Kommandeure hervorbrachte?
Angefangen hatte alles mit dem Pastor der Süderender Kirche St. Laurentii, Richardus Petri, er gilt als Gründer der privaten Navigationsschulen auf Föhr, obwohl er selbst nie zur See gefahren war. Petri kam 1620 auf die Insel und begann bald darauf mit seinem Unterricht. Der Pastor lehrte Seefahrer seiner Gemeinde die Steuermannskunde und forderte nur die eine Gegenleistung von seinen Schülern: Diejenigen, die es später zum Steuermann oder Kommandeur bringen würden, sollten ihre Kenntnisse an die Jugend weitergeben. Dieser fromme Wunsch wurde Petri erfüllt, und der Grundstein der Navigationsschulen auf der Insel Föhr war gelegt.
Auf Föhr gab es mehrere Navigationsschulen in den verschiedenen Dörfern. Jede bestand allerdings nur so lange, wie ihr Betreiber lebte. Es handelte sich hier nicht um staatliche Einrichtungen, sondern um eine private Klasse, die in der guten Stube des „Lehrers“ unterrichtet wurde. Der Unterricht fand ausschließlich in den Wintermonaten statt, dann, wenn die jungen Seeleute zurück auf die Insel kamen. Der Lehrer verlangte nach dem Vorbild Richardus Petris nur ein kleines Schulgeld, das ausschließlich die Kosten für Brennholz und Kerzen decken sollte. Das war der Grund, warum auch Kinder aus mittellosen Familien am Unterricht teilnehmen konnten.
Lehrbücher gab es in dieser Zeit nur wenige, eins der Werke entwickelte sich jedoch zu einer Art „Bestseller“: „Vergulden Licht der Zee-Vaert, ofte Konst der Stuur-Lieden“ von Claes Heyndericks Gietermaker. Dieses Buch diente vielen jungen Navigationsschülern als Leitfaden. Originale gab es nur sehr wenige, vorwiegend arbeiteten die Seeleute mit Abschriften, die selbst erstellt oder von der vorigen Generation weitergereicht worden waren.
Die Föhrer Jungen fuhren bereits mit zehn oder zwölf Jahren als Schiffsjungen zur See und drückten dann ab einem Alter von 16 Jahren in den Wintermonaten die Schulbank. Schnell machten sie als Steuermänner, Kommandeure oder Kapitäne Karriere und kehrten später auf ihre Heimatinsel zurück.
Fast 240 Jahre gab es diese privaten Schulen auf Föhr, bis das Herzogtum Schleswig im Jahr 1867 von den Preußen annektiert wurde. Die privaten Schulen waren der preußischen Staatsführung ein Dorn im Auge und wurden kurze Zeit später verboten. Die staatlichen Schulen konnten sich nur wenige Föhrer leisten.
Besuchen Sie das Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum und erfahren Sie mehr über die Zeit des Walfangs und die Föhrer Kapitäne, die die Weltmeere überquerten.